Im Jahr 2023 überraschte die US-Wirtschaft die Analysten mit einer Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts von 2,5%, gegenüber 1,9% im Jahr 2022, trotz der aggressivsten Zinserhöhungen der letzten 40 Jahre durch die Federal Reserve. Die Zinssätze stiegen von März 2022 bis Juli 2023 um 5,25% und Experten rechneten fest mit einer kommenden Rezession. Doch warum brach die Wirtschaft nicht zusammen?
Gründe für die aktuelle wirtschaftliche Resilienz
Die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit ist durch eine Kombination verschiedener Faktoren zu erklären. Während der Pandemie angehäufte Ersparnisse und gestiegene Bargeldreserven von Unternehmen spielten eine entscheidende Rolle. Diese Mittel wurden bis Ende 2023 zunehmend ausgegeben, was die Wirtschaft stützte. Die Haushalte hatten ihre Bargeldbestände, die Ende 2021 77% des BIP ausmachten, bis Ende 2023 auf 66% reduziert, was zeigt, dass diese Puffer langsam aufgebraucht wurden.
Quelle: Federal Reserve Bank of San Francisco
Zudem hatten viele Verbraucher und Unternehmen sich zu niedrigeren Zinsen verschuldet, was den Zinsdruck minderte. Die Mehrheit der Haushaltsschulden bestand aus festverzinslichen Hypotheken, die gegenüber Zinsveränderungen und somit gegenüber den höheren Zinsen immun sind.
Quelle: Morningstar
Auch hielten sich trotz höherer realer Zinsen die Preise für riskante Vermögenswerte wie Immobilien und Aktien relativ stabil, was die Risikoprämien verringerte. In der folgenden Grafik kann man sehen, dass sich die Spreads gegenüber der realen Rendite 10-jähriger Staatsanleihen verringert haben - dies deutet auf allgemein sinkende Risikoprämien hin.
Quelle: Morningstar
Die genannten Faktoren sind teilweise jedoch nur vorübergehend wirksam und viele Experten sind daher nach wie vor der Meinung, dass aggressive Zinssenkungen notwendig sind, um in den kommenden Jahren eine Rezession zu vermeiden.
Zukünftige Herausforderungen und mögliche Entwicklungen
Trotz der momentanen Stabilität sind einige Indikatoren besorgniserregend. Die Schuldendienstquote in den USA, die angibt, wie viel vom verfügbaren Einkommen für Zinsen und Tilgungen verwendet wird, entspricht mit 15% dem langfristigen Durchschnitt und ist langsam steigend. Dies könnte sich ändern, wenn die Zinsen dauerhaft hoch bleiben.
Quelle: Fisher Investments
Zudem müssen viele private Schulden in den nächsten fünf Jahren zu Marktzinsen umgeschuldet werden, insbesondere nicht-hypothekarische Schulden wie Kreditkarten und Unternehmensanleihen. Das bedeutet, dass die durchschnittlichen Zinssätze der Haushalte ansteigen könnten, selbst wenn die Hypothekenzinsen stabil bleiben.
Ein weiteres Risiko stellt der Immobilienmarkt dar. Sollten die Zinsen nicht sinken, könnte es zu einer langsamen, aber stetigen Abnahme der realen Hauspreise kommen, insbesondere da der kommerzielle Immobiliensektor anfälliger für kurzfristige Zinsanpassungen ist und möglicherweise Preiseinbrüche erlebt.
Fazit und Ausblick
Die Federal Reserve steht vor der Herausforderung, die Zinsen gegebenenfalls aggressiv zu senken, um einer Rezession entgegenzuwirken. Die Zinserhöhungen haben bisher keine tiefgreifenden wirtschaftlichen Einbrüche verursacht, jedoch zeigen sich erste Risse. Die private Verschuldung und der Anstieg der dauerhaften Arbeitslosigkeit könnten langfristige Probleme signalisieren, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.
Die US-Wirtschaft hat sich als überraschend robust erwiesen, doch die Zukunft hängt stark von den nächsten Schritten der Zentralbank und der Entwicklung der globalen Wirtschaft ab. Ein kluges und vorausschauendes Handeln ist entscheidend, um die Wirtschaft auf einem stabilen Pfad zu halten und tiefergehende Krisen zu vermeiden.
Quellen: Morningstar, Federal Reserve of San Francisco, The Macro Compass, Fisher Investments
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